„Was uns bewegt?!“

Ein Gruppenstundenvorschlag von Rebecca Heinrich

Hinweis: Die folgende Gruppenstunde kann auch als Gruppenstundenreihe gestaltet werden, je nachdem, wie viel Lust und Zeit ihr – du und deine Gruppenkinder – habt, euch mit dem Thema zu beschäftigen, und wie kreativ ihr seid!

Es gibt viele verschiedene Arten, wie man zu der Idee einer Gruppenstunde gelangen kann. Diese hier zum Beispiel ist durch einen Impuls auf einem Wochenende entstanden. Gemeinsam schauten wir in das Buch „200 Frauen – Was uns bewegt“. Für dieses Buch wurden 200 Frauen* auf der ganzen Welt fotografiert. Manche von ihnen sind berühmt, manche nicht, manche sind People of Colour, sie gehören unterschiedlichsten Religionen an. Doch es gibt etwas, das sie alle gemeinsam haben: Sie alle setzen sich für Feminismus ein und kämpfen gegen die Ungleichbehandlung, die Frauen* und Minderheiten erfahren. Ihnen allen wurden fünf Fragen gestellt. „Was ist Ihnen wirklich wichtig?“, „Was macht Sie glücklich?“, „Was empfinden Sie als tiefstes Leid?“, „Was würden Sie in der Welt verändern, wenn Sie könnten?“ und „Wählen Sie ein Wort, das Sie beschreibt.“

Auch in den J-GCL setzen wir uns für (Geschlechter-)Gerechtigkeit ein und fordern Gleichbehandlung. Und so können wir dieses Buch durch unsere eigenen Fotos und Statements ergänzen.

Die Gruppenstunde kann, vielleicht nach einem kurzen Ankommensspiel, mit (ausgewählten) Bildern und Statements aus dem Buch eröffnet werden. Dann stellt ihr euch die folgenden Fragen zunächst selbst  und bearbeitet sie erst einmal im Stillen:

  • Was ist dir wirklich wichtig?
  • Was macht dich glücklich?
  • Was empfindest du als tiefstes Leid?
  • Was würdest du in der Welt verändern, wenn du könntest?
  • Wähle ein Wort, das dich beschreibt.

(Es ist zu empfehlen, sich Notizen zu den eigenen Antworten zu machen.)

Nach dieser Phase könnt ihr euch nun zu zweit, in kleinen Gruppenoder mit allen gemeinsam über das Aufgeschriebene unterhalten. Wichtig: Alles kann, nichts muss! Wenn eine*r nichts oder nur zu einer bestimmten Frage etwas sagen (oder vom Notierten vorlesen) will, ist das absolut in Ordnung.

Danach kann ein Fotoshooting – ähnlich dem im Buch – stattfinden, dafür braucht ihr nur eine weiße Wand bzw. ein Leintuch, das ihr an die Wand hängen könnt, und einen ordentlichen Fotoapparat bzw. ein Handy mit guter Auflösung. Jede* kann sich dann so fotografieren lassen, wie es für sie* selbst am stimmigsten ist bzw. wie sie* am meisten „sie* selbst sein kann“. (Eine Alternative könnte sein, dass jede* sich in einer Pose, Mimik und Gestik ablichten lässt, die ihrer* Meinung nach das Wort ausdrückt, das sie* beschreibt – quasi als bildliche Antwort auf Frage 5.)

Die Statements zu allen (oder nur ausgewählten) Fragen können auf das ausgedruckte Foto geschrieben oder einfach daran geheftet werden. Wenn ihr wollt, könnt ihr die Fotos und Statements auch sammeln und die Aktion in einem Jahr wiederholen, ohne vorher in die „alte“ Sammelbox oder den Ordner zu gucken.

Schaut für weitere Ideen und Informationen auch gerne mal auf der Homepage des Projektes vorbei! (http://twohundredwomen.de/)

Aber auch schon vor diesem Projekt haben Frauen* Möglichkeiten gefunden, wie sie* ausdrücken können, was sie* bewegt. Eine* von ihnen ist Dorothee Sölle (*30. September 1929, †27. April 2003)

Sie war eine deutsche Schriftstellerin*, Theologin*, Pazifistin* und globale Friedensaktivistin*.

Sie* gründete zum Beispiel das „politische Nachtgebet“ in Köln, in dem aktuelle politische Themen mit Meditation, Diskussion und gemeinsamen Aktionen verbunden wurden. Auch sie* bezeichnete sich als Feministin*. Unter Feminismus verstand sie* den Widerstand von Frauen* und Männern* gegen die Kultur des (blinden) Gehorsams und gegen jede Form von Patriarchat. Dieses Engagement und auch ihr* Streiten für die feministische Theologie hat sie* in einem der Glaubensbekenntnisse, die sie* selbst formuliert hat, zum Ausdruck gebracht:

„Ich glaube an Gott,
Der die Welt nicht fertig geschaffen hat
Wie ein Ding das immer so bleiben muss,
Der nicht nach ewigen Gesetzen regiert
Die unabänderlich gelten,
Nicht nach natürlichen Ordnungen
Von Armen und Reichen,
Sachverständigen und Uniformierten,
Herrschenden und Ausgelieferten.

Ich glaube an Gott,
Der den Widerspruch des Lebendigen will
Und die Veränderung aller Zustände
Durch unsere Arbeit,
Durch unsere Politik.

Ich glaube an Jesus Christus,
Der recht hatte als er,
„ein Einzelner der nichts machen kann“,
Genau wie wir
An der Veränderung aller Zustände arbeitete
Und darüber zugrunde ging.
An ihm messend erkenne ich
Wie unsere Intelligenz verkrüppelt,
Unsere Fantasie erstickt,
Unsere Anstrengung vertan ist
Weil wir nicht leben wie er lebte.
Jeden Tag habe ich Angst,
Dass er umsonst gestorben ist
Weil er in unseren Kirchen verscharrt ist,
Weil wir seine Revolution verraten haben
In Gehorsam und Angst
Vor den Behörden.

Ich glaube an Jesus Christus,
Der aufersteht in unser Leben,
Dass wir frei werden von Vorurteilen und Anmaßung,
Von Angst und Hass
Und seine Revolution weitertreiben
Auf sein Reich hin.

Ich glaube an den Geist,
Der mit Jesus in die Welt gekommen ist,
An die Gemeinschaft aller Völker
Und unsere Verantwortung für das
Was aus unserer Erde wird.
Ein Tal voll Jammer, Hunger und Gewalt
Oder die Stadt Gottes.
Ich glaube an den gerechten Frieden,
Der herstellbar ist,
An die Möglichkeit eines sinnvollen Lebens
Für alle Menschen,
An die Zukunft dieser Welt Gottes.

Amen.“

(http://www.heinzpangels.de/meditation_0225.htm)

Dieses Glaubensbekenntnis kann, am Ende der Gruppenstunde vorgelesen werden, aber auch als Fortsetzung des vorher durchgeführten Projekts gestaltet werden.

Nach dem ersten Mal vorlesen kannst du das Glaubensbekenntnis an die Gruppenkinder austeilen. Diese können dann Passagen, die sie ansprechen, unterstreichen bzw. das Blatt mit dem Glaubensbekenntnis gestalten oder – wenn sie wollen – ein eigenes Glaubensbekenntnis verfassen.

(Wenn ihr das Buch braucht, könnt ihr euch an fatal@j-gcl.org bzw. mail@j-gcl.org wenden, dann können euch Ausschnitte zur Verfügung gestellt oder das Buch kann euch leihweise zugeschickt werden. Dieser große und schön gestaltete Bildband ist aber auch eine Anschaffung wert. Mit seinen fast 300 Seiten in großem Format ist das Buch für 35 € sehr preiswert zu haben.)

So könnt ihr zusammen mit euren Gruppen eine – oder mehrere – Gruppenstunden gestalten, die euch mit Sicherheit zum Nachdenken, Diskutieren und evtl. sogar zum Handeln anregen werden.