Care-Arbeit – unterbezahlt und ungleich verteilt. Die Gender-Care-Gap.

Geschlossene Kindergärten und geschlossene Schulen – Eltern mussten sich während des coronabedingten Lockdowns um ihren Nachwuchs kümmern und Aufgaben übernehmen, die normalerweise von Institutionen wie Schulen und Kitas erledigt werden. Sie verrichteten also noch mehr als in „normalen Zeiten“ sogenannte “Care-Arbeit” oder „Sorge-Arbeit“. Aber was genau ist das eigentlich?

Care-Arbeit ist divers. Sie umschließt jegliche Tätigkeit, bei der man sich um andere Menschen kümmert, reicht also von Kindererziehung über Krankenpflege bis zu alltäglichen Aufgaben wie Kochen und Putzen.

Sie kann unbezahlt oder bezahlt sein; doch eines haben die Tätigkeiten der Care-Arbeit gemeinsam: Sie werden hauptsächlich von Frauen* erledigt.

Weltweit verrichten Frauen* und Mädchen* täglich über 12 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit in Form von Haus-, Pflege- und Sorgearbeit. Eine Frau* leistet durchschnittlich täglich fast 1,5 Stunden mehr Care-Arbeit als ein Mann*. Gleichzeitig verdient sie* 23 % weniger Geld für bezahlte Arbeit. Wie kann das sein?

In vielen Kulturkreisen wird von Mädchen* und Frauen* erwartet, dass sie die Fürsorgearbeit übernehmen. Auch die Arbeit im eigenen Haushalt ist ungleich verteilt. Ob zwischen Vater*und Mutter*oder Bruder* und Schwester* – das Ergebnis bleibt (un-)gleich.

Die Verrichtung von Pflegetätigkeiten durch Frauen* wird als eine Selbstverständlichkeit angesehen, Mütter*lichkeit und Fürsorge als für Frauen* angeblich natürliche Attribute. Das muss sich ändern.

Berufe, bei denen solche Tätigkeiten – vor allem von Frauen* – ausgeübt werden, sind nicht angemessen bezahlt.

Die Folge: Niedrigere Einzahlungen in die Rentenkasse bedeuten niedrigere Renten. Frauen* fallen 5 % häufiger als Männer* in die Altersarmut. Die Gender-Pension-Gap liegt in Deutschland bei 53 % Prozent. Das heißt, in Deutschland beziehen Frauen* weniger als die Hälfte des Alterssicherungseinkommens der Männer*. Die Belohnung für das unbezahlte Umsorgen anderer in jüngeren Jahren ist somit oft Armut im Alter.

Die Pandemie rückte also ein wichtiges gesellschaftliches Thema in den Vordergrund und zeigte es direkt in unserem Alltag.

Es ist wichtig, dass wir die Erkenntnisse aus dem Lockdown im Gedächtnis behalten und in politische Entscheidungsprozesse mit einbeziehen, denn: Auch wenn diese Probleme in einer „Post-Lockdown-Gesellschaft“ seltener erwähnt werden, bleibt ihre Relevanz gleich.

Auch die gerade neu gewählte Bundesregierung beschäftigt sich mit den noch bestehenden Ungleichheiten, die zwischen den vor allem binär wahrgenommenen Geschlechtern herrschen, und möchte die Gleichstellung zwischen Männern* und Frauen* erreichen. In einem Statement weist der Deutsche Frauenrat darauf hin, dass dies nur möglich ist, wenn die „Schließung der Sorgelücke zentrales politisches Ziel wird“. Einen umfassenden Entwurf, wie dies politisch umgesetzt werden soll, gibt es allerdings (noch) nicht.

Es werden aber auch immer wieder Schritte in die richtig Richtung, zum Schließen der Care-Gap, gemacht. Zum Beispiel die Gründung der Bundesstiftung Gleichstellung (https://www.bundesstiftung-gleichstellung.de/), die es sich unter anderem zur Aufgabe macht, Informationen und Ideen zur politischen und sozialen Gleichstellung von Männern* und Frauen* bereitzustellen.

Wird uns diese Gleichstellung gelingen? Was denkt ihr?

Eure Nadia.

P. S.

Wer sich gerne intensiver mit Care-Arbeit befassen will, findet im Themenheft der Bundeszentrale für politische Bildung sehr gute Informationen und interessante Anregungen: https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/APuZ_2020-45_online_0.pdf