Fastenzeit – nur zum Abnehmen da?

Am Aschermittwoch schien eine Frage die Instagram-Stories-Welt zu beschäftigen: Fastet ihr? Und was fastet ihr? 

Glücklicherweise konnte ich feststellen, dass viele Antworten auf diese Frage nicht unbedingt nur mit Süßigkeiten zu tun hatten, sondern tatsächlich auch aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit ansprachen, z. B. versuchen wohl etliche, Plastik zu vermeiden. Einige wollen auf Fleisch verzichten, so wie ich auch. 

Doch ich denke, frau sollte die Fastenzeit nicht mit einer Sache verwechseln, nämlich dem bewussten Verzicht auf ein bestimmtes Essen (Süßigkeiten, Fast Food…), um abzunehmen. 

Mit der Fastenzeit kommt ja früher oder später der Frühlingsbeginn und das bedeutet auch, die Bikinifigur sollte langsam, aber sicher in Angriff genommen werden. Das wäre ja beinahe praktisch, beides zu verbinden. 

Achtung, Achtung, Ironie! Erstens ist es nicht der Sinn der Fastenzeit, ein paar Kilos zu verlieren und zweitens müsst ihr nicht krampfhaft versuchen, einem bestimmten Schönheitsideal nachzujagen, das z. B. auf Instagram verbreitet wird. 

Für mich ist die Fastenzeit eine Möglichkeit, mich durch Verzicht mehr auf mich selbst, meine Umwelt und meine Art zu leben zu konzentrieren. Vor ein paar Jahren, als ich selbst Süßigkeiten gefastet habe, war der erste Schoko-Osterhase am Ostersonntag etwas Besonderes. Durch das Fasten lerne ich bestimmte Dinge besser zu schätzen und erlebe sie bewusster. 

Das kann aber nicht nur durch Verzichten auf etwas passieren, sondern durch bewusstes Tun. Öfters mal spazieren gehen, öfters mal das Handy aus der Hand legen, um die Pause in der Schule, Uni oder auf der Arbeit mit netten Gesprächen zu verbringen. Die Fastenzeit bietet dafür die perfekte Gelegenheit, Dinge auszuprobieren, die ihr vielleicht schon länger mal tun wolltet. Ich denke da an das Klassische: „Oh, wir müssen unbedingt wieder was zusammen machen.“ Wie oft habe ich das schon zu Freundinnen gesagt, die ich länger nicht gesehen habe oder mit denen ich länger nichts unternommen habe. Wie oft ist dann nichts bei rumgekommen. Die ausstehende Kaffeeeinladung wird weiter verschoben, der Gutschein von einer Freundin für einen „Mädelstag“ als Geschenk zum letzten Geburtstag passt doch nicht rein. Ausreden findet frau viele, und ich finde sie auch oft. Einfach mal machen, sag ich da nur! So können viele schöne oder lustige Momente entstehen, die mit anderen lieben Menschen geteilt werden können. Das tut allen – dir und den anderen, mit denen du deine Zeit verbringst – gut. 

Bei der Ortsgemeinschaft Maria Ward der J-GCL Region West gibt es in der Fastenzeit die Frühschicht. Ein gemeinsames Starten in den Tag mit spirituellem Impuls und anschließendem gemeinsamen Frühstück. Das kann auch ein Weg sein, die Fastenzeit zu nutzen. Zusammenkommen, Spiritualität erleben und eine gute Zeit bei leckerem Essen zu verbringen. 

Was ist, wenn ihr gar nicht fastet? Das Gute daran ist, dass das jede von uns frei entscheiden kann, ob und auf welche Weise sie fasten will. 

Ich erlebe auf der Arbeit bei „World Vision“, dass eine Art Gemeinschaftsgefühl entsteht, weil viele Kolleginnen fasten. Wir haben ein Gesprächsthema, berichten uns gegenseitig, wie es uns mit der gewählten Art und Weise geht und wir inspirieren uns sogar für die Zeit nach der Fastenzeit, etwas Neues auszuprobieren oder haben etwas gefunden, was sich für die nächste Fastenzeit eignet. Das soll jetzt aber nicht bedeuten, dass Fasten zum Gruppenzwang werden soll, um mitreden zu können. Es sollte kein Wettstreit werden, denn in erster Linie geht es um eine Schärfung des eigenen Bewusstseins im Blick auf sich selbst und die eigene Lebensweise. Und wenn ihr aus Versehen Schokolade esst –so wie eine Freundin von mir damals in der Schule, die nichtdaran dachte, dass sie fastet – dann ist das auch okay und kein Weltuntergang. Das Beispiel zeigt mir heute, wie sehr wir manchmal in unserem Alltag vertieft sind. Jeden Morgen, aufstehen, fertigmachen und in die Schule/Ausbildung/Uni oder auf die Arbeit. Die Fastenzeit bietet eine super Gelegenheit, den eigenen Alltag durch einen Verzicht oder durch das bewusste Tun zu durchbrechen, um sich selbst und die vielen Möglichkeiten des eigenen Lebens (und auch Glaubens) neu zu entdecken. 
Auch im FATAL-Team versuchen wir, die Fastenzeit dazu zu nutzen, aus dem Alltag auszubrechen. Birgit hat uns auf dem ersten Wochenende einen Impuls mitgebracht, der uns einlädt, bestimmte Sachen „einfach mal anders“ zu machen. Beispiele dafür sind: Einfach mal anders den Tag starten, einfach mal anders zur Schule/Uni/Arbeit gelangen, einfach mal anders die Freundin oder Kollegin begrüßen… Ich bin seither einmal mit der Bahn auf die Arbeit gefahren statt mit dem Auto. Das war eine sehr schöne und entspannende Fahrt mit Coffee to go (im Mehrwegbecher J) und politischem Podcast auf den Ohren. 

Ich habe vor der Fastenzeit sehr gerne Wurst auf‘s Brot gegessen und dachte, ich finde keine bessere Alternative als Belag. Also habe ich weiter Wurst gegessen. Dadurch, dass ich darauf verzichte, habe ich schon einige leckere Aufstriche entdeckt und merke, dass mir die Wurst gar nicht so sehr fehlt. Auf einmal kommt mir Essen ohne Fleisch und vor allem Brot ohne Wurst gar nicht mehr unmöglich vor. 

Ich hab’s mir selbst gezeigt – es geht auch anders! 

Ihr denkt jetzt bestimmt: Ein ganzer Blogartikel über die Fastenzeit und das, wo sie doch bald zu Ende geht! Viele Dinge, vor allem das bewusste Erleben von Momenten oder das Sich-und-die-Umwelt-Neuentdecken sind Ideen, die ihr das ganze Jahr über ausprobieren könnt. Dazu muss es weder die Fastenzeit geben, noch den 1. Januar oder gar ein „am nächsten Montag fang ich an“.  Also: Traut euch und probiert etwas Neues aus! 

Caro