Elias sagt mit seinen eineinhalb Jahren zu vier Menschen „Mama“: zu seiner Oma, seinem Onkel Matthias, zu unserer besten Freundin Steffi und zu mir.
Ich bin alleinerziehende, lesbische Mutter und Pfarrerin. Elias ist im März 2016 geboren. Er ist das „Geschenk“ einer kurzen heterosexuellen Beziehung, die noch in der Schwangerschaft zu Ende ging. Wir leben nun in Mainz, zusammen auf einem Grundstück mit meinem Bruder Matthias und zwei Studentinnen.
Bevor ich Mutter wurde, war ich überall geoutet, bin seit über 20 Jahren in schwul-lesbischen Zusammenhängen unterwegs und wusste ungefähr, wie die Menschen auf mich als geoutete, lesbische Pfarrerin reagieren. Lange Zeit habe ich gedacht, dass ich als lesbisch lebende Frau KEINE Kinder bekommen werde.
Jetzt fühle ich mich zu den Regenbogen-Familien zugehörig, aber ohne Partnerin bin ich als lesbische Mutter in der Öffentlichkeit nicht erkennbar. Mit Kind werde ich automatisch für hetero gehalten und ich finde es anstrengend und schwierig, mich immer wieder neu zu outen, zumal ich durch Elias in ganz neue Zusammenhänge komme, in denen die typische Hetero-Kleinfamilie die Regel ist: Kindergarten, Kinder-Schwimmkurs, Eltern-Kind-Turnen, usw. Ich bin unsicher, wie in diesen Kreisen eine lesbische, alleinerziehende Mutter akzeptiert wird, ich habe keine Vorbilder und Erfahrungen und denke nicht mehr nur an mich, sondern auch für Elias mit. Ich möchte ihn vor Anfeindungen und blöden Kommentaren schützen.
Deswegen sind mir meine familiären und freundschaftlichen Kontakte besonders wichtig, deswegen bin ich in die Nähe meiner Eltern und mit meinem Bruder zusammen gezogen, deswegen verbringen wir viel Zeit mit unserer besten Freundin Steffi und deswegen sagt Elias zu all diesen Menschen „Mama“. Dort brauche ich nicht überlegen, wie die Menschen auf mich reagieren, dort kann ich einfach „ich“ sein, mit allen Facetten, die zu mir gehören: lesbisch, alleinerziehend, gläubig, kurze Hetero-Beziehung, Pfarrerin u. v. m.
Auch die Regenbogen-Familien und die christliche LGBTIQ-Community sind ein Zuhause für mich, wo ich mich nicht erklären muss. In all diesen Erfahrungen trägt mich mein Glaube an Gott, denn Gott nimmt mich und meine vielfältige Familie so an, wie wir sind, vor Gott brauche ich nichts zu verheimlichen und ich bin Gott so unendlich dankbar für das Geschenk, Elias geboren zu haben.
Monika Bertram, Mitglied im Frauenkreis von ca. 1997 bis ca. 2002/3
(Anm.: Das Gremium, das diesen Blog gestaltet und sich aktuell FATAL nennt, heißt laut Verbandssatzung offiziell „Bundesfrauenkreis“ und hat sich deshalb früher als „Frauenkreis“ bezeichnet.)
Wer Näheres von Monika wissen oder bei ihr nachfragen will, kann sich gerne bei ihr mailden: momo1976@web.de